Sieben Jahre dauert es, ehe ein Schuldner von seinen Schulden befreit ist und eine Restschuldbefreiung erhält. Vor deutschen Gerichten endet damit eine Privatinsolvenz. Eine wirklich lange Zeit, die im europäischen Ausland etwas schneller vergeht und sogar schon binnen 18 Monate oder weniger ausgesessen ist. Dies lässt sicherlich die aktuell 110.000 Personen aufhorchen, welche auch im Jahre 2018 wieder ein privates Insolvenzverfahren beginnen werden. Leider mit steigender Anzahl, denn rund vier Millionen Haushalte innerhalb der Bundesrepublik sind überschuldet. Ein Abfall dieser Zahlen ist nicht in Sicht. Wer einen schnelleren Neuanfang wünscht, der muss nach England, wahlweise auch Frankreich oder Irland. Hier dauern die Verfahren rund 18 Monate, danach sprechen die Gerichte eine Restschuldbefreiung aus.
Nach feiner englischer Art schuldenfrei
Bereits nach 12 Monaten kann der Schuldner eine Restschuldbefreiung erwirken, ein derartiger Beschluss ist in ganz Deutschland gültig, ebenso den deutschen Gläubigern gegenüber. Damit dies jedoch tatsächlich zum Tragen kommt, muss sich der Schuldner im Einzugsgebiet des britischen Gerichtes befinden. Heißt, dass dieser einen Wohnsitz in Großbritannien hat. Dies schließt automatisch mit aus, dass der Schuldner lediglich einen Briefkastenwohnsitz oder ein Hotelzimmer hat. Der wirtschaftliche Schwerpunkt muss sich in England befinden, ebenso sollen ein Arbeitsplatz und ein Bankkonto erforderlich sein. Um dies zu verwirklichen sind natürlich entsprechende Kosten zu tragen, die sich anhand der Schuldsumme erst einmal lohnen müssen.
Französische Restschuldbefreiung
Auch in Frankreich kann das Insolvenzverfahren schnell über die Bühne gebracht werden. Hier ist sogar nicht einmal eine Wartezeit notwendig, wobei auch hier die gleichen Bedingungen gelten wie in England. Der wirtschaftliche Schwerpunkt obliegt also in Frankreich, wobei ein Aufenthalt seit mindestens sechs Monaten vorhanden sein muss. Schuldner müssen dementsprechend Mietverträge, Einzelverbindungsnachweise oder Stromrechnungen nachweisen, um den dauernden Aufenthalt zu bestätigen.
Sofern alle Voraussetzungen erfüllt wurden, kann der Schuldner seine Insolvenz bei einem Insolvenzverwalter anmelden. Ohne Insolvenzmasse wird das Verfahren vom Gericht abgewiesen und ein Beschluss hat auch in Deutschland rechtlichen Bestand.
Die Flucht vor langwierigen Schuldverfahren
Tatsache ist, dass sich aus Deutschland heraus ein richtiger Insolvenztourismus entwickelt hat. Viele deutsche Schuldner flüchten dementsprechend ins EU-Ausland und beschleunigen damit ihre Insolvenzverfahren. Fakt ist aber leider auch, dass Frankreich und England die Bedingungen für die Aufnahme eines solches Verfahren verstärken. Soll heißen, dass der Lebensmittelpunkt in der entsprechenden Region liegen muss. Es reicht also nicht, lediglich einen englischsprachigen oder französischen Anwalt einzuschalten.
Nicht anerkannte Restschuldbefreiungen
Leider werden nicht alle Schulden im Anschluss an ein Verfahren als getilgt betrachtet. Dies ist aber auch verständlich, denn solche Schulden gehen einem deutschen Betrug voraus. So genannte fraud-Schulden, beispielsweise aus einer Steuerhinterziehung, können nicht durch eine EU-Insolvenz beglichen werden.
Certificate of Discharge
Genau 12 Monate dauert es von der Eröffnung bis zur Restschuldbefreiung in England. Eingeschlossen ist ein halbes Jahr Vorbereitungszeit. In dieser Zeit geht die deutsche Zuständigkeit auf die englische Zuständigkeit über. Die „Discharge“, also die Restschuldbefreiung erhält der Schuldner automatisch nach 12 Monaten. Im Anschluss sprechen die Gerichte das „Certificate of Discharge“ aus. Dies dient in Deutschland zum Nachweis, dass der Schuldner entschuldet ist.
Was passiert mit der deutschen Staatsbürgerschaft?
Sie bleibt generell erhalten, auch wenn man sich aus Deutschland abmeldet. Trotz einer Ummeldung nach England bleiben Schuldner deutsche Staatsbürger und dürfen Reisepass und Personalausweis behalten.